Montag, 17. September 2012
Viel passiert
Hallo alle zusammen :)
Nach über 2 Wochen melde ich mich auch mal wieder, diesmal aus der Stadt Rousse an der Donau, wo ich das restliche Jahr verbringen werde.

Seit meinem letzten Eintrag ist sehr viel passiert, unter anderem haben wir meinen Geburtstag gefeiert (wir waren im Vitosha, um zu picknicken, morgens ist meine Gastmutter mit mir in den Gottesdienst in die Alexander Nevski Kathedrale gegangen und abends gab es eine tolle Torte:

), ich habe die Erlaubnis bekommen, etwas im Haushalt zu tun (in der restlichen Zeit musste ich hart darum kämpfen, meinen eigenen Teller in die Küche bringen zu dürfen) und habe dann anschließend 2 Stunden lang den Herd geputzt und das Klischee der "Nemski Prezisnost" (Deutsche Prezision) erfüllt, letztenendes standen dann alle um den Herd herum und sprachen von BMW. Ich habe auch versucht, mich in Sofia zurechtzufinden. Das Resultat war, dass ich etwa 3 Stunden für den Heimweg brauchte, 2 falsche Bahnen genommen habe und mich mit vielen, hilfsbereiten Menschen unterhalten, die mich alle in unterschiedliche Richtungen geschickt haben. Hauptstädte sind was Tolles!
Außerdem bin ich an den Wochenenden noch viel mit meiner Sprachkursfamilie herumgefahren, unter anderem waren wir bei der Schipka, einer Art Denkmal für die gefallenen Soldaten im Russisch-Osmanischen Krieg zur Befreiung Bulgariens. Überall befinden sich Flaggen, Kanonen und Abbildungen und Reliefs heroischer Figuren sowie eine beeindruckende Sammlung vergammelter Gegenstände, die sich einmal im Besitz der Soldaten, Offiziere oder "der Osmanen" befanden, beispielsweise Stiefel, Korane, Zigarrenschachteln, Taschentücher oder Gewehre.
Vor allem aber gibt es eine wundervolle Aussicht:

Außerdem waren wir bei den "Sieben Seen" im Rila-Gebirge. Dort gibt es einen Wanderweg von See zu See, der etwa so gut besucht ist wie eine Fußgängerzone zur Hauptshoppingzeit. Es war aber trotzdem sehr schön und wieder gab es eine grandiose Aussicht über das Gebirge.
An einem Wochenende waren wir in Gabrovo, wo es einen sogenannten "ethnischen Komplex" gibt. Dort wurden die traditionellen Hochzeiten verschiedener Dörfer vorgestellt:

Am Mittwoch vor zwei Wochen dann war unser letzter "Schultag" im Bulgarischkurs, an dem wir alles nachgeholt haben, was wir die vier Wochen davor nicht gelernt haben, sprich, wir haben die gesamte bulgarische Grammatik in fünf Unterrichtsstunden behandelt. Am nächsten Tag sind wir wieder aufs Dorf meiner Familie gefahren, wo ich eine knappe Woche lang original bulgarisches Dorfleben erleben durfte. Ab ersten Abend haben sich die "Babas" die "Dorfomas" des Dorfes vor dem Dorfkiosk versammelt und haben wunderschön bulgarische Volkslieder gesungen, Bieritschki (Bier"CHEN") getrunken und getanzt und bis tief in die Nacht gefeiert. Ich habe noch nie im Leben einen bulgarischen Volkstanz getanzt, es aber probiert und ohne größere Fuß- oder Beinverletzungen meinerseits oder meiner MittänzerInnen überlebt.
Außerdem haben wir mit meiner Gastfamilie Ljutenitza, ein hier sehr beliebter Aufstrich aus eingekochten Tomaten, Auberginen und Paprikas gemacht. Dafür haben wir Kiloweise Paprikas gepellt, zerkleinert und Stundenlang draußen in einem großen Kessel gekocht, aber die Arbeit hat sich gelohnt :)
In der restlichen Zeit wurde ich von der Dorfjugend herumgeführt und es hat allen einen riesigen Spaß gemacht, mir neue Wörter zu zeigen und zu erklären.


Am Montag vor einer Woche war es dann soweit und ich musste mich von meiner ersten Gastfamilie verabschieden. Mein Gastvater hat mich bis zur Wohnung meiner neuen Gastfamilie mit dem Auto gefahren (das Dorf liegt relativ nah an Russe) und die ganze Familie, auch die Tante meiner Gastschwester, die in dem Dorf lebt, ist mitgekommen.
Meine neue Gastfamilie ist auch sehr nett, ich lebe hier mit meiner Gastschwester, meiner Gastmutter und einer Gastoma, außerdem gibt es einen schwangeren Pudel namens Karmen.
Meine Gastmutter spricht die ganze Zeit sehr schnell Bulgarisch, so dass es schwer ist, etwas zu verstehen, aber das wird schon. Meine Gastschwester scheint in der Stadt jeden zu kennen und hat mir schon so viele Freunde und "Cliquenmitglieder" vorgestellt, dass ich wenig Chancen hatte, mir etwas zu merken. Meistens gehen wir in die Stadt (die übrigens wirklich schön ist) um sich mit ihren Freunden zu treffen und auf und ab zu spazieren.

Heute war dann mein erster Schultag. Ich habe das Gefühl, dass ich mich mit meiner Klasse sehr gut verstehen werde, meine Klassenlehrerin ist sehr nett und hat mich allen vorgestellt und mit Stolz erzählt, welche SchülerInnen in der Klasse welche Preise gewonnen haben. Morgens gab es eine große Veranstaltung auf dem Schulhof, der Direktor hat gesprochen (die Aufmerksamkeit der Schülerschaft war aber eher mäßig) einige Schüler haben gesungen und es wurden die bulgarische, die deutsche und die europäische Hymne vom Band gespielt. Im Hintergrund hingen die bulgarische und die deutsche Nationalflaggen (ich gehe auf ein deutsches Sprachgymnasium, der Unterricht wird aber auf Bulgarisch stattfinden).
Anschließend ist die ganze Klasse mit der Klassenlehrerin in die "Mall" ins Café gegangen, wo wir eine Art Klassenlehrerstunde abgehalten haben, Kaffee getrunken haben und ich von meinen Mitschülerjnnen ausgefragt wurde.
Es ist hier übrigens üblich, dass alle SchülerInnen der Klassenlehrerin am ersten Schultag Blumen mitbringen. Meine Gastfamilie meinte, ich bräuchte keine, so dass ich vielleicht als einzige keinen Blumenstrauß überreicht habe, aber ich denke, meine Lehrerin hat mir verziehen. :)
Morgen muss ich dann zu einer unmenschlichen Zeit von 11 Uhr morgens aufstehen, um zur 0. Stunde um 12.00 Uhr zu erscheinen, da die höheren Klassenstufen das erste Halbjahr nachmittags Unterricht haben werden, weil die Räume nicht ausreichen, um alle Klassen gleichzeitig zu unterrichten. Im zweiten Halbjahr werden wir dann morgens Unterricht haben.
Bis bald!

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Montag, 20. August 2012
Ein perfektes Wochenende
Für den Fall, dass ich das in meinem letzten Beitrag nicht ausreichend betont haben sollte: Meine Gastfamilie ist einfach nur toll, und ich denke, dass ich mit ihr ein wahnsinniges Glück gehabt habe. Meine Gastschwester hat mir sogar schon ein offizielles Verschwesterungsangebot auf Facebook unterbreitet :) (Das ich selbstverständlich angenommen habe). Jetzt heißt es, die nächsten drei Wochen in Sofia so gut wie möglich zu nutzen, viel miteinander zu unternehmen und natürlich, die Zeit zu genießen.
Am Wochenende (Bulgarisch: уикенд, also uiikend, also weekend) sind wir mit dem Auto auf ein kleines Dorf gefahren, wo meine Gastfamilie früher gewohnt hat und die Tante meiner (Gast)schwester noch immer lebt. Der Plan war, um 10 Uhr morgens loszufahren, weswegen der Tag dann auch schon um 11 Uhr mit dem Aufstehen begann (zumindest, was mich und meine Schwester anging). Beim Packen wurde ich dann gewarnt, es würde abends sehr, sehr kalt werden, ich solle also bloß warme Klamotten einstecken, was ich dann auch ausgiebig tat, gemessen an der deutschen Bedeutung von kalt, die sich wiederum an den sibirischen Temperaturverhältnissen orientiert, die derzeit in unseren nördlichen Landstrichen herrschen. Jedenfalls befanden sich anschließend in meinem Gepäck Wechselklamotten für Sonntag, mein Waschzeug, mein Schulzeug (Bulgarischlehrbuch und -heft), ein Pullover (sowas holt man hier erst im Oktober oder November raus, habe ich den Eindruck), eine Jacke und ein Schal. Als ich dann anschließend aus dem Zimmer kam, um zu verkünden, dass ich fertig sei, wurde ich mit großem Gelächter empfangen, ob ich nicht zwei Tage ohne meinen Kleiderschrank auskommen würde. Anschließend sind wir auf der angeblich so löchrigen und mikrigen bulgarischen Autobahn gefahren, die sich jedoch meiner Meinung in nichts von einer deutschen unterscheidet, abgesehen davon, dass wir durch ein wunderschönes Bergpanorama gefahren sind, da es Richtung Norden durch das "Stara Planina"-Gebirge ging. Zwischendurch haben wir im Troyanski-Kloster hat gemacht, das dafür berühmt ist, Vassil Levski, einen der vielen wichtigen und im ganzen Land bekannten Helden, beherbergt zu haben, als dieser sich als Revolutionär und bulgarischer Freiheitskämpfer dort in einem (nun zur Sehenswürdigkeit erhobenen) Schrank versteckt hielt. Außerdem gibt es in dem Kloster wunderschöne Malereien von einem bulgarischen Meister, dessen Namen ich zu meiner Schande noch nie gehört hatte.
Auf der Weiterfahrt kamen wir nach Lovetsch, von wo aus uns eine riesige Statue des Vassil Levski von Weitem entgegenblickte. In einem kleinen Museum war der "Git", der Guide, so begeistert, dass eine deutsche "goct" unter seinen Zuhörern weilte, dass er den ganzen Vortrag lang englische und deutsche Wörter in den Vortrag einfließen ließ (die ich jedoch derart aus dem Kontext gerissen auch nicht verstehen konnte) und mir während des Vortrages eine deutsche Enzyklopädie aus dem Jahre 1901 sowie einige Vasen und Bierkrüge mit deutschen Aufdrucken in die Hand drückte, die ich vorlesen sollte (?). Am Ende habe ich von ihm ein englisches Buch mit dem Titel "Vasil Levski - the apostle of the Bulgarian Freedom" geschenkt bekommen, das ich auch lesen werde, um bei diesem wohl wichtigsten bulgarischen Thema mitreden zu können.
Abends sind wir dann im Dorf angekommen und wurden sehr überschwänglich von allen - der Tante, dem Cousin samt Frau und der Nachbarin mit ihrem Sohn - begrüßt, gedrückt, auf beide Wangen geküsst und dann durfte ich meinen bulgarischen Vorstellungssatz zum Besten geben "As sam Tabea, obmenata utschenitschka". Wir saßen am Abend (bei sommerlichen Temperaturen von über 20°C) noch lange draußen, haben geredet (bzw. ich habe versucht, zu verstehen), gesungen (ich kenne ganze zwei Bulgarische Lieder!) und Schach gespielt (ich habe zu meiner SChmach gegen einen 12-jährigen Jungen verloren).
Am nächsten morgen ging es dann weiter durch ganz Bulgarien auf eine Sightseeingtour, die sich gewaschen hatte. Wir haben eine Wanderung zu Wasserfällen

und Höhlen gemacht, eine Tropfsteinhöhle gesehen und eine Straußenfarm besichtigt, bevor wir schließlich gegen 9 Uhr zurück nach Sofia gekommen sind.
Zuguterletzt noch eine Hommage an die bulgarische Küche: zuerst einmal ist alles furchtbar lecker, zu jedem Essen gibt es einen Salat, der zeitgleich zum Hauptgericht verspeist wird und zu allem gibt es Sirene, einen salzigen und sehr leckeren Schafskäse. Am faszinierendsten ist jedoch für mich der Knoblauch. Das Klischee des osteuropäischen Mütterchens mit einer Knoblauchkette um den Hals, das mir tatsächlich in meiner Vorbereitung auf das Austauschjahr mehrmals erläutert wurde, mag etwas fragwürdig sein, dennoch ist es wahr: in fast jedem Haushalt scheint hier ein riesiger Beutel voll Knoblauchzehen zu lagern. Gestern habe ich zusammen mit meinem Knoblauchliebenden Gastvater eine ganze davon plattgemacht. Wundervoll!

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Donnerstag, 16. August 2012
Erster Eintrag
Nun bin ich schon fast eine Woche in Bulgarien und schreibe endlich meinen ersten Blogeintrag. Zuerst einmal zu mir: Ich heiße Momo*, bin 16 Jahre alt und werde wie die anderen drei Bloggerinnen mit YFU ein Jahr in Bulgarien verbringen. Ihr koennt auch einfach im Menu unter dem Titel "Ein Jahr Bulgarien" auf einzelne Namen klicken, um nur deren Eintraege lesen zu koennen.
Am Freitag, dem 10. August 2012 ging es los. Den ganzen Tag zuvor hatte ich bis relativ tief in die Nacht gepackt, mich von Freunden verabschiedet, weiter gepackt, eine sinnlose Fernsehserie namens Dr. geguckt, weitergepackt und bin dann allmählich in Panik (nicht direkt Panik, aber ein bisschen Panikchen) geraten, als ich registriert habe, dass es ja nun wirklich bald soweit ist und ich in weniger als 24 Stunden Bulgarisch sprechen sollte. Wir sind von Hamburg ueber Muenchen nach Sofia geflogen, wo wir dann letztendlich nach einer reichlichen halben Stunde des Aufsgepaeckwartens ganz lieb mit einem selbst gemalten YFU-Schild empfangen wurden. Das gesamte Empfangkommitee (das, soweit ich das richtig verstanden habe, fast ganz YFU Bulgarien stellt) besteht bis auf eine Ausnahme aus Deutschen Muttersprachlern oder ehemaligen Austauschschu(e)ler(n), und so fuehlte sich immer noch alles ziemlich deutsch an. Dann haben wir das Programm fuer die naechsten Tage erfahren, und zwar gab es ein Orientierungwochenende in einem sueßen kleinen Familienhotel im Vitosha, dem sogenannten Hausberg Sofias. Dort ging es mit letzten Moeglichkeiten, Fragen loszuwerden sowie ein paar Erlaeuterungen, was die Deutschen von den Bulgaren unterscheidet (beispielsweise brauchen BulgarInnen etwa die dreifache Zeit, um eine Pizza zu verspeisen, wobei speziell Bulgarinnen in der Regel die Haelfte der Pizza zurueckgehen lassen), erstmal ziemlich ruhig zu. Trotzdem waren wir glaube ich alle ziemlich fertig vom Flug, Schlafmangel und vielen neuen Eindruecken, als uns am Sonntag unsere Gastfamilien abholten. Fuer mich ist es leider erst meine Sprachkursfamilie, die ich in einem Monat wieder verlassen muss, da meine endgueltige Familie in Russe an der schoenen blauen Donau wohnt. Meine Gastfamilie ist sehr lieb und hat mit mir gleich am ersten Nachmittag Abend einen Sightseeing-Rundgang durch ganz Sofia gemacht (das "ganz" kommt nicht von ungefaehr, zumindest in meiner uebermuedeten Wahrnehmung), mir viel erklaert, erste bulgarische Woerter beigebracht und mich dem Bruder meiner Gastschwester sowie seiner Frau und Tochter vorgestellt, die gleich ueber uns wohnen. Vielleicht poste ich irgendwann mal ein Bild des Hauses meiner Gastfamilie, da sollte ich aber erst um Erlaubnis fragen.
Seit Montag morgen (der Unterricht beginnt zu einer unsaeglichen Zeit um 8.50 Uhr, allerdings komme meistens ich oder eine andere Austauschschuelerin oder wir beide oder drei von uns vieren, im Spezialfall auch wir alle vier, nie aber keine von uns zu spaet). Unser Bulgarischlehrer ist toll, hat aber glaube ich viel zu leiden, besonders unter mir und Juli*, der Austauschschuelerin, die neben mir sitzt und mit der wir ein stetiges Kindergartenniveau erreichen, was sich gegenseitig Tatoos malen und Zettel schreiben etc. angeht, waehrend ich nebenher nach den protobulgarischen Woertern frage, aus dem irgendwelche Vokabeln hervorgegangen sind. Unser Lehrer ist sozusagen allwissend und hat im Studium (was er studiert hat, habe ich noch nicht herausgefunden)Slavistik gehabt und machte uns bereits das großartige Kompliment, dass unsere Ausprache besser ist als die seiner japanischen Schueler (denen er aller Wahrscheinlichkeit erzaehlt, dass sie viel fleißiger seien als die stinkend faulen Deutschen, mit denen er sich herumquaelen muss).
Die ganze Zeit bin ich furchtbar muede, weil wir es nie schaffen, vor um 1 zu schlafen und ich nebenbei versuche, eine Sprache in 4 Wochen so zu lernen, dass ich dem bulgarischen Unterricht folgen kann (dobre, daraus wird vielleicht nichts, aber ich arbeite daran).
Gestern war der Namenstag von Maria, der hier ganz groß gefeiert wird. Maria heißt auch die Schwaegerin meiner Gastschwester und so sind wir zum IKEA rausgefahren, um Geschenke zu kaufen und haben abends bulgarisch-lecker mit der ganzen Familie getafelt und gesprochen, wobei unter anderem diskutiert wurde, ob Oesterreicher Deutsche sind (mein Gastvater ließ sich in dieser Vorstellung nicht beirren, schließlich spraechen sie ja die gleiche Sprache). Genau so wird uebrigens auch Mazedonien bei den meisten Bulgaren nicht wirklich als eigenstaendiger Staat mit eigener Sprache angesehen, es heißt nur, sie spraechen einen "eigenartigen Dialekt". Eben die offiziell anerkannte Sprache Mazedonisch ;-)
Allgemein bin ich immer noch beeindruckt von der Gastfreundschaft, mit der ich hier aufgenommen werde und lerne vielen Tag viel Neues kennen. Meine Gastschwester hat die Wohnung mit Bulgarischen Woertern tapeziert:

Ich melde mich bald wieder.

*Name von der Redaktion geaendert :-)

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